Die Bilder aus Gaza wecken Entsetzen und Empörung. Ende Juli „rühmt sich die (israelische) Luftwaffe damit, bereits mehr als hundert Ein-Tonnen-Bomben auf Gaza abgeworfen zu haben“, schreibt die frühere israelische Offizierin Yuli Novak, d.h. auf ein Gebiet von 360 Quadratkilometer, auf denen 1,8 Millionen Menschen leben.
Gaza – ein Trümmerfeld, fast 2000 Palästinenser; vor allem alte Menschen, Frauen und Kinder starben in diesem Bombenhagel und Artilleriebeschuss, ein Viertel der Bevölkerung musste fliehen, mindestens 5000 Häuser sollen komplett zerstört sein, ungezählte sind beschädigt. Raji Sourani, ein international hoch geschätzter palästinensischer Menschenrechtler klagt Israel der Kriegsverbrechen an: „Wir haben 57 Millionen Familien, die ausgelöscht wurden“.
In der ganzen Welt wächst die Mobilisierung gegen diese Barbarei.
Die Regierung Obamas, wie aber auch die in Frankreich, Großbritannien und in Deutschland sind angesichts dieses weltweiten Widerstands äußerst beunruhigt, vor allem auch durch die Erhebungen und Massendemonstrationen in dem gesamten historischen Palästina. Deshalb haben sie, unter ihnen Steinmeier, SPD-Außenminister in der Großen Koalition, die Regierung Netanjahu gedrängt, einer vorläufigen Waffenruhe zuzustimmen.
Einer Waffenruhe, die unter allen Umständen die Einkerkerung der Bevölkerung Gazas weiterhin garantieren muss. So erklärte der israelische Armeesprecher anlässlich des Rückzugs der Bodentruppen am 5. August: „Die israelischen Streitkräfte werden in defensiven Positionen außerhalb des Gazastreifen positioniert werden, und wir werden diese defensiven Positionen halten”, d.h. die waffenstarrende Umzingelung des Gaza-Ghetto wird gefestigt – unter dem Beifall und der Verantwortung der „Internationalen Gemeinschaft“ und der EU.
Es ist Zynismus und pure Heuchelei, wenn die Regierenden in den USA wie in Europa die „kriegsführenden Parteien zur Vernunft“ aufrufen: das unter den Bomben gemordete palästinensische Volk gleichermaßen wie die Regierung Netanjahu, die für das Massaker verantwortlich ist. Und wenn sie warnen, die „Verhältnismäßigkeit“ zu wahren, d.h. die Zahl vor allem der zivilen der Opfer moderat zu halten.
Am 16. Juli, 8 Tage nach Beginn der israelischen Militäroffensive gegen Gaza, genehmigt Gabriel, SPD-Vizekanzler in der Großen Koalition, eine weitere U-Boot-Lieferung nach Israel, die nach Meinungen von Experten mit Marschflugkörpern mit Atomsprengköpfen ausgerüstet werden können. Die Bundesregierung finanziert und subventioniert Kriegswaffen an Israel, und plündert zur Unterstützung der israelischen Kriegsführung den öffentlichen Haushalt.
Die Koalitionsregierung Merkel/Gabriel, die dem palästinensischen Volk das Recht auf seine Souveränität und Selbstbestimmung abspricht, ist dieselbe, die die Souveränität und das Selbstbestimmungsrecht der Völker Europas und auch des deutschen Volkes, die Demokratie und Arbeitnehmerrechte unter dem Diktat der EU, ihrer Institutionen und Verträge mit Füßen tritt.
Es ist dieselbe Regierung, die mit der Fortsetzung der Agenda-Politik im Namen der Schuldenbremse dem deutschen Volk das Kaputtsparen bei den Kommunen, an Krankenhäusern und Schulen aufzwingt, und die im Namen der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit ein Millionenheer von Billiglöhnern und prekär Beschäftigten produziert.
Zunehmend haben Sozialdemokraten und Gewerkschafter ihre Stimme gegen die mörderische Militärintervention Israels in Gaza erhoben, während die SPD-Minister der Großen Koalition unter Kanzlerin Merkel ihren Platz an der Seite der Regierung Netanjahus sehen.
Sie alle, die Merkel und auch Steinmeier und Gabriel, „machen sich im Namen der Verteidigung des Staates Israel mitverantwortlich an dem Massenmord in Gaza; dem palästinensischen Volk wird das Recht abgesprochen, als souveränes Volk auf der Grundlage des nationalen und demokratischen Selbstbestimmungsrechts zu existieren,“ schreiben Sozialdemokraten und Gewerkschafter in einem offenen Brief.
Und weiter: „Kann es sein, dass der Bevölkerung in Deutschland unter Verweis auf die Verfolgung der Juden und den Völkermord am jüdischen Volk durch den Hitlerfaschismus das Recht verwehrt wird, die von der Regierung Israels befohlenen grausamen Massenmorde am palästinensischen Volk zu verurteilen?“
Wer gegen die Bombardierung dicht besiedelter Wohngebiete nicht die Stimme erhebt, äußert stillschweigendes Einverständnis, sagt die oben zitierte israelische Offizierin Yuli Novak – und beschreibt damit die Haltung der deutschen Regierung, kommentiert die FR vom 30. Juli.
Das ist eine Schande der Regierung der Großen Koalition, die sich als Unterstützer des Mordens der Regierung Netanjahu am palästinensischen Volk beweist.
Sozialdemokraten und Gewerkschafter wenden sich mit dem o.g. Offenen Brief an den Parteivorstand der SPD, „die sich auf die Arbeiterbewegung und die Demokratie, auf das Recht der Selbstbestimmung für alle Völker beruft“, um ihn aufzufordern, in einer öffentlichen Erklärung folgende Forderungen zu unterstützen:
- Endgültiger Stopp jeder Bombardierung!
- Schluss mit der Besetzung der palästinensischen Gebiete!
- Aufhebung der Blockade, die das palästinensische Volk dem Verhungern ausliefert!
Für das Existenzrecht des palästinensischen Volkes und sein Recht auf Selbstbestimmung!
Carla Boulboullé
Aus: Soziale Politik & Demokratie Nr. 325 vom 7. August 2014
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