Erklärung der Bundesweiten Arbeitnehmerkonferenz vom 28.2.2015

„Wir, Arbeitnehmer, Gewerkschafter, Sozialdemokraten und politisch Engagierte aus sechs Bundesländern haben uns auf der bundesweiten Arbeitnehmerkonferenz am 28. Februar 2015 in Berlin getroffen, bzw. die Konferenz unterstützt – in Kontinuität zur bundesweiten Arbeitnehmerkonferenz vom 15. Februar 2014.

Wo wir auch arbeiten, in welcher Branche, ob in der Produktion, im Krankenhaus oder in der Verwaltung, ob wir arbeitslos sind, oder Rentner….oder ob wir als Sozialdemokraten gegen den Gang der SPD in die Große Koalition gekämpft haben,

ein Jahr unter der Großen Koalition Merkel/Gabriel –

sind wir alle konfrontiert mit der noch schlimmeren Fortsetzung der Agenda-Politik unter dem doppelten Diktat der Schuldenbremse/Schwarzen Null, d.h. der Kaputtsparpolitik und der Demontage des sozialen Sicherungssystems, sowie mit der immer weiter um sich greifenden Deregulierung unserer Arbeitsverhältnisse und der Flucht aus den Flächentarifverträgen im Namen der „Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft“. Und mit einer noch nie dagewesenen Armut seit der Einheit: 12,5 Millionen Menschen, d.h. 15,5 Prozent der Bevölkerung leben in Armut.

Und wir sind konfrontiert mit dem „Tarifeinheitsgesetz”, mit dem die Große Koalition erstmals in der Nachkriegsgeschichte eine deutsche Regierung in dieser Form zur staatlichen Einschränkung des Streikrechts und von Grundrechten unserer freien Gewerkschaften greift.

Die Beiträge geben vor allem Zeugnis von der wachsenden gewerkschaftlichen Kampfbewegung, von zunehmender politischer Ablehnung und Widerstand gegen diese Politik der Großen Koalition.

Zunehmend greifen die Kollegen nach ihren Gewerkschaften, um im Kampf für ihre Forderungen die Diktate der Schuldenbremse und Wettbewerbsfähigkeit, die beiden Grundgesetze des Koalitionsvertrags der Regierung Merkel/Gabriel, zu durchbrechen.

Wir nehmen teil an den Kämpfen gegen alle Formen der Tarifflucht, für die Verteidigung der Flächentarifverträge gegen den wachsenden Druck, sie durch Öffnungsklauseln zu zersetzen, immer neue Teile der Belegschaften in Niedrigtarife auszugliedern, immer neue Teile der Arbeiterschaft, und besonders auch der Jugend, in tariflose und prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu stoßen.

Wir meinen, die Arbeiterschaft und Jugend können auf keine ihrer Forderungen verzichten:

Wir vertreten heute hier die Kämpfe

  • für die Rücknahme des „Tarifeinheitsgesetzes“ von Nahles, SPD Ministerin in der Großen Koalition;
  • von ausgegliederten Kollegen und tariflosen und prekarisierten Beschäftigten für ihre (Wieder-) Integration in den Flächentarifvertrag;
  • gegen die Kaputtsparpolitik gegen Krankenhäuser, ihre Schließungen und Privatisierungen; gegen Schulen und Universitäten…;
  • von Beschäftigten und auch kommunalen und politischen Mandatsträgern gegen die Ruinierung und finanzielle Ausblutung der Kommunen, der Öffentliche Daseinsvorsorge und sozialen Infrastruktur.

 

Die Sozialdemokraten unter uns, die sich gegen den Gang der SPD in die Große Koalition erhoben haben, sind damit konfrontiert, dass es die Führung der SPD ist, die Merkel im Rahmen der Großen Koalition zu der drastischeren Fortsetzung dieser Agenda-Politik befähigt. In ihrem politischen Kampf in der SPD gegen die Politik ihrer SPD-Minister in der Großen Koalition können und werden sie sich auf die gewerkschaftliche Kampfbewegung der Arbeiterschaft und die Kämpfe der Jugend gegen diese Politik stützen.

Dringlicher denn je stehen wir vor der Aufgabe, die Unabhängigkeit unserer Gewerkschaften gegen den Druck aus der Großen Koalition zu verteidigen, die Anforderungen der Schuldenbremse und der Flexibilisierung/Deregulierung der Arbeitsverhältnisse zu respektieren und zu begleiten.

Am 5. März soll das „Tarifeinheitsgesetz“ im Bundestag eingebracht und am 21./22. Mai verabschiedet werden.

Ausgehend von dieser Konferenz vereinbaren wir, uns – wie schon bisher -  und noch verstärkt zu engagieren für die spürbare Ausweitung der Mobilisierung der Gewerkschaftsmitglieder und Kolleginnen und Kollegen in Betrieben und Verwaltungen um die Unterschriftenkampagne der drei Gewerkschaften ver.di, GEW und NGG zur Verhinderungen des „Tarifeinheitsgesetzes“. In der SPD treten wir ein für eine breite Unterzeichnung sowie für Beschlüsse von Gliederungen an die SPD-Führung, dieses Gesetz zurückzunehmen.

Zur Unterdrückung der zunehmenden gewerkschaftlichen Kampfbewegung, in der die Regierung der Großen Koalition eine unmittelbare Bedrohung für ihre Politik sieht, schmiedet Nahles dieses Gesetz als schärfste Waffe. Sie reiht sich damit in die entsprechenden Maßnahmen der EU-Regierungen ein.

Das Gesetz erlaubt es, der Justiz oder Regierung der Minderheitsgewerkschaft im Betrieb die vom Grundgesetz garantierten gewerkschaftlichen Grundrechte auf Verhandlungs- und Tariffreiheit und das Streikrecht abzusprechen. Es stürzt alle Gewerkschaften auf betrieblicher Ebene in einen Konkurrenzkampf und treibt die Zersetzung des Flächentarifvertrags durch diesen Wettkampf um Betriebstarifverträge voran.

Mit der Möglichkeit, einen Streik im Namen der „Unverhältnismäßigkeit“ gegenüber dem „allgemeinen und öffentlichen Interesse“ zu verbieten, erlaubt das Gesetz der Justiz oder Regierung, Streiks aller Gewerkschaften mit Verbotshinweis unter Druck zu setzen, sobald diese die Gebote der Schuldenbremse und Wettbewerbsfähigkeit zu durchbrechen drohen. Denn diese Gebote werden von der Großen Koalition und der EU als Inhalte des „allgemeinen Interesses” definiert.

Kein Sozialdemokrat, der sich gegen den Gang der SPD in die Große Koalition erhoben hat, wird es heute akzeptieren, dass die SPD-Ministerin Nahles in der Großen Koalition diesen Schlag gegen das Streikrecht und die Koalitionsfreiheit führt. Wie andere Organe in der SPD, vor allem auch der AfA, hat z.B. der Unterbezirk der Düsseldorfer SPD mit großer Mehrheit beschlossen: „Die SPD Düsseldorf fordert die Rücknahme des Gesetzentwurfs für ein Tarifeinheitsgesetz; sie verteidigt das Streikrecht der Arbeitnehmerschaf und ihrer Gewerkschaften.“

„Kein Gewerkschaftskollege, der das Streikrecht und die gewerkschaftlichen Grundrechte verteidigen will, kann es akzeptieren, dass sich die DGB-Spitze durch die SPD in der Regierung in diesen Angriff auf alle Arbeitnehmer und Gewerkschaften einbinden lässt. Damit handelt der DGB-Vorsitzende weder im Interesse noch im Namen der Gewerkschaften und ihrer Millionen Mitglieder. Zahlreiche Gliederungen der drei Gewerkschaften ver.di, GEW und NGG haben Beschlüsse für das Nein zum „Tarifeinheitsgesetz – Hände weg vom Streikrecht“ gefasst. Der ver.di Bezirk Berlin hat, ähnlich wie der Landesvorstand von NRW vorher, die Initiative ergriffen und alle Fachbereiche aufgefordert, in allen Betriebsgruppen Einrichtungen und Gremien aktiv um die Unterschriftensammlung zu mobilisieren.

Wir bekräftigen die Losungen, für die wir uns auf dieser Arbeitnehmerkonferenz versammelt haben:

 

  • Mobilisierung um die Unterschriftensammlung auf Initiative von ver.di, GEW und NGG für die Verhinderung des „Tarifeinheitsgesetzes“!
  • Abgeordnete, die Ihr euch auf die Arbeitnehmerrechte und die Demokratie beruft, sagt Nein zu diesem Gesetz!

 

Dieser Kampf kann zu einem wichtigen Stützpunkt werden dafür, dass Schluss gemacht werden kann mit dem Diktat der Schuldenbremse/Sparpolitik, der Senkung der Lohnkosten und Zerschlagung des Tarifvertragssystems, womit die Große Koalition die zerstörerische Agenda-Politik fortsetzt; für die Verteidigung der Unabhängigkeit unserer Gewerkschaften!

 

In diesem Sinne kämpfen wir in Deutschland für das Nein zu der EU, ihren Institutionen und Verträgen, deren Diktate von der Großen Koalition umgesetzt werden.

Wir, Teilnehmer dieser Konferenz am 28.2. 2015 in Berlin, Gewerkschafter, Sozialdemokraten und politisch Engagierte, wollen uns mit allen gewerkschaftlichen und politischen Kämpfern der Arbeiterbewegung, die dazu bereit sind, versammeln, um verstärkt für die Verwirklichung der notwendigen Einheit der Arbeiterschaft und ihrer Organisationen eingreifen zu können:

nach einem Jahrzehnt der Spar- und Deregulierungsdiktate- und des Lohnabbaus durch die Agenda-Politik muss. endlich Schluss gemacht werden mit der Fortsetzung dieser Politik durch die Große Koalition.

Wir erklären unsere volle Solidarität mit dem griechischen Volk, das mit der Wahl von Syriza seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, dass Schluss gemacht werden muss mit der drakonischen Sparpolitik und den Arbeitsmarktreformen, mit den Diktaten der Troika im Interesse der Banken und Spekulanten.

Wirkliche Solidarität mit dem griechischen Volk heißt dagegen zu kämpfen, dass die Koalitionsregierung Merkel/Gabriel es wagt, unter Missachtung der Demokratie und des souveränen Willens des griechischen Volkes die Fortsetzung der mörderischen Diktate der EU und Troika voranzutreiben.

Wirkliche Solidarität mit dem griechischen Volk heißt dafür zu kämpfen und dazu beizutragen, dass in Deutschland das Antistreikgesetz verhindert und die Politik der Großen Koalition gestoppt wird.

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Wir antworten dem Aufruf der spanischen Kollegen an die Teilnehmer der europäischen Arbeitnehmerkonferenz 2013 in Tarragona und 2014 in Paris, die 300 spanischen Gewerkschafter zu verteidigen, für die die Staatsanwaltschaft wegen Streikbeteiligung hohe Haftstrafen fordert. Wir unterstützen ihren Aufruf an die internationale Arbeiterbewegung, sich mit Protestschreiben und Delegationen an die spanische Botschaft zu wenden.

Wir sehen in unserer Konferenz einen Stützpunkt, um uns mit den Kämpfen in allen europäischen Ländern zu verbinden.

Unterzeichnet von 80 UnterstützerInnen und TeilnehmerInnen der Konferenz

 

 

 

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