250.000 – das war an diesem 10.Oktober die größte Demonstration in Berlin seit April 2004,
als ebenfalls 250.000 gegen die Agenda-Politik von Schröder, gegen die Politik der Verarmung und Privatisierung von öffentlichem Dienst und staatlicher Infrastruktur, gegen die Demontage der sozialen Sicherungssysteme und Tarifverträge und die Schaffung eines Millionenheeres von Billiglöhnern und Minijobs auf die Straße gingen
Die 250.000 vom 10. Oktober haben sich wohl kaum für einen „fairen Welthandel…“ auf den Weg gemacht. Sie trieb der Wille auf die Straße, dass endlich Schluss gemacht werden muss mit der Fortsetzung einer noch verschärften Agenda-Politik durch die Regierung der Großen Koalition:
- mit der Politik des Kaputtsparens der öffentlichen Daseinsvorsorge, von Bildung, Krankenhäusern und Kommunen im Namen von Schuldenbremse und „Schwarzer Null“;
- des Lohndumpings und der Zerschlagung des Tarifvertragssystems im Namen der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft;
- mit den Einschränkungen der Gewerkschafts- und Arbeitnehmerrechte, des Streikrechts –
einer Politik, der mit dem TTIP noch ein weiterer Impuls gegeben werden soll.
Auch wenn die Hunderttausende Gewerkschaftskollegen, Arbeitnehmer und Jugendliche das unter dem Druck der offiziellen Losungen nicht so formulieren konnten, bezeugten es dennoch Transparente und Diskussionen: „TTIP und CETA erhöhen den Druck zur Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen“, war auf den Müllwagen der Kollegen der Stadtreinigung zu lesen. KollegInnen von Vivantes demonstrierten gegen die von der Regierung geförderte Politik der Tarifflucht und forderten „TVöD“ (Tarifvertrag öffentlicher Dienst) für Alle!“
Es ist dieser Widerstand gegen die verschärfte Agenda-Politik der Großen Koalition, der ebenso in dem Aufschwung der Streikbewegung zum Ausdruck kommt, in den 1,5 Millionen allein von ver.di verantworteten Streiktagen im ersten Halbjahr 2015,der breiten Mobilisierung bei der Post und im Sozial- und Erziehungsdienst, der zunehmenden Kampfbewegung der prekär Beschäftigten für ihre (Re-)Integration in die Flächentarifverträge…
In dieser Situation stoßen die Hunderttausend Flüchtlinge in dem so profit- wie exportstarken Deutschland, in dem die private Vermögensbereicherung der Wenigen immer neue Billionen Rekordmarken erreicht, auf eine Landschaft der personell und materiell-finanziell ruinierten staatlichen Infrastruktur und Verwaltung, der Bildung und Kommunen und des Mangels an Wohnraum. Aber auch auf den Aufschwung der Widerstandskämpfe der arbeitenden Bevölkerung und Jugend für die Verteidigung und Rückeroberung ihrer Errungenschaften.
Ihre „Integration“ in die Gesellschaft, d.h. d.h. die Eroberung der gleichen demokratischen und sozialen Rechte, kann den Weg des gemeinsamen Kampfes mit der einheimischen Arbeiterschaft und ihrer Organisationen für die gleichen Rechte und Errungenschaften nehmen.
Das schaffen wir, wenn…!
Die Politik der Regierung Merkel zielt darauf, dass die hiesige arbeitende Bevölkerung und Jugend und Flüchtlinge sich mit schlimmeren Verhältnissen des Mangels abfinden sollen, wobei ein Großteil der Flüchtlinge die Unterschicht der prekarisierten und Billiglohnverhältnisse anschwellen lassen soll.
Von Seiten der Unternehmerverbände und aus der CDU/CSU nimmt der Druck zu, Flüchtlinge im Namen der „Integration“ in prekäre Arbeit einzusetzen: auch unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns. In der Frage des Aufweichens der Mindestlöhne für Flüchtlinge, „darf es keine Denkverbote geben“ (Gerda Hasselfeldt, Landesgruppenchefin der CSU). Der CDU-Wirtschaftsrat fordert gesenkte Einstiegslöhne für Flüchtlinge und auch entsprechende Öffnungsklauseln in Tarifverträgen. Das aber bedeutet letztlich nichts anderes als, gestützt auf dieses Heer der als Billiglohnjobber eingesetzten Flüchtlinge, eine weitere Offensive für eine allgemeine Senkung des Lohnniveaus zu eröffnen.
Der DGB kritisiert, dass es in Folge der Sparpolitik der Regierung an Geld für die Aus- und Weiterbildung fehle, was wie jetzt die Flüchtlinge schon bisher die Langzeitarbeitslosen trifft und zunehmend die Schicht der Jugend, die ohne qualifizierten Abschluss in Billigjobs landet.
Die Kultusminister und der DGB erwarten an den Schulen 325.000 bis 400.000 Flüchtlingskinder. Und sie werfen die Frage auf, woher will man das Geld für die zusätzlich notwendigen über 20.000 Lehrer nehmen? Zigtausende Lehrkräfte unterrichten die Flüchtlinge in Integrationskursen als billige Scheinselbständige, da keine Festanstellungen für diese Kräfte vorgesehen sind.
Mit der sozial zerstörerischen Politik der Großen Koalition gibt es keine Lösung. Darüber können auch die hochtrabende Phrasen der politisch zunehmend angeschlagenen Kanzlerin Merkel: „Wir schaffen das“, nicht hinwegtäuschen. Dahinter tritt immer deutlicher hervor: … wenn alle bereit sind Opfer zu bringen.
CDU/CSU drängen auf die seit Jahren schärfsten Einschnitte im Asylrecht. Die CSU treibt ihre Brandstifter-Politik gegen Merkel voran, womit sie die „Wähler am rechten Rand der CSU in hohem Maße der AfD zu treiben.“ (Forsa-Chef Manfred Güllner).
In dieser dramatischen Situation liefert der SPD-Vorsitzende Gabriel ein neues Beispiel seines kaum zu überbietenden Zynismus. Auf dem SPD-Perspektivkongress am 11. Oktober erklärte er, der als Wirtschaftsminister der Großen Koalition vorrangig verantwortlich ist für die soziale Demontage unter der fortgesetzten Agenda-Politik, einer Politik, die die soziale Entgegensetzung und Fremdenhass schürt: Um ein gegenseitiges Ausspielen von Flüchtlingen und heimischer Bevölkerung zu verhindern , müssten ausreichend Lehrer, Erzieher und Polizisten eingestellt werden. Der Kita-Ausbau müsse weiter vorangehen, Wohnungsbau dürfe kein Flüchtlingswohnungsbau sein; es müsse generell in den Bau bezahlbarer Wohnungen investiert werden…
Am 10.10. haben die 250.000 Gewerkschafter, Arbeitnehmer und Jugendlichen demonstriert, weil sie nicht länger hinnehmen können, dass sie der „schwarzen Null“ und Schuldenbremse ihre berechtigten Forderungen und das Recht auf die Leistungen der öffentliche Daseinsvorsorge opfern sollen. Ein Beispiel dafür geben die vom Berliner CDU/SPD-Senat (und vorher schon vom rot/roten Senat) zu prekärer Arbeit verurteilten Beschäftigten, die seit einem Jahr gemeinsam den gewerkschaftlich organisierten Kampf gegen Tarifflucht durch Ausgründung und Privatisierung führen, für ihre (Re-)Integration in die Tarifverträge, für den „TVöD für alle“, für die Aufhebung prekärer Arbeit und tariffreier Bereiche im Verantwortungsbereich des Landes Berlin.
Carla Boulboullé
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