Sie organisieren das Chaos

Die Regierung der Großen Koalition unter Merkel verweigert die dringend erforderlichen Finanzmittel für die Gewährung des Rechts der Flüchtlinge auf Asyl und auf die damit verbundenen sozialen Rechte, ihre Erstversorgung, Unterbringung, Sprachkurse, sowie für ihre wirkliche Integration in die Gesellschaft auf der Grundlage der gleichen sozialen und demokratischen Rechte.

Gleichzeitig setzt sie ihre Kaputtsparpolitik gegen die gesamte öffentliche Daseinsvorsorge und die staatliche Infrastruktur fort.

Ultimativ verordnet Bundesfinanzminister Schäuble (CDU), dass auch für das kommende Jahr trotz der „Flüchtlingskrise“ die „schwarze Null“ stehen muss. Und das trotz des wachsenden Milliardenlochs bei den öffentlichen Investitionen, wogegen sich die Arbeitnehmer in immer neuen Streiks engagieren.

Unter diesem Druck boykottiert Bundesinnenminister de Maizière (CDU) die Forderungen und Pläne für Personaleinstellungen und konzentriert seine gesamten Bemühungen auf das: „Abschieben, Abschieben… so schnell wie möglich so viele wie möglich rausschmeißen!“ Und angesichts der Kosten für die Flüchtlinge soll es keinerlei Platz mehr für Forderungen der Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften geben.

Mit Schäuble im Rücken prescht de Maizière vor: auf seine nicht offiziell mit Merkel und Gabriel abgestimmte Anweisung hin soll auch den syrischen Flüchtlingen nur noch „subsidiärer Schutz“, ein abgespecktes Asylrecht, gewährt werden: Beschränkung der Aufenthaltsdauer auf ein Jahr und Aussetzung des Familiennachzugs für zwei Jahre.

Und de Maizière gibt die Anweisung, wiederum ohne offiziell Merkel und Gabriel zu informieren, die Rückkehr zum Dublin- Verfahren auch für syrische Flüchtlinge. Damit werden für Tausende vor dem barbarischen Bürgerkrieg geflohene Menschen die Grenzen dicht gemacht, oder ihnen droht der Rausschmiss aus Deutschland.

Merkel, die dem von de Maizière und Schäuble erpressten Kurs nicht ausweichen kann und ihn mitträgt, muss sich nach und nach für eine deutlich konsequentere Abschiebepraxis aussprechen. Sie gibt de Maizière nachträglich ihr okay zur Wiedereinführung des Dublin- Verfahrens, und strebt in Bezug auf den „subsidiären Schutz“ für Syrer eine einvernehmliche Lösung mit Gabriel über mögliche verschärfte Regelungen an – für die Zeit nach den Parteitagen der CDU und SPD.

Unter Führung der Kanzlerin wurden am 5. November die Vereinbarungen der Großen Koalition zur Aushöhlung des Asylrechts geschmiedet, auf die sich De Maizière und Schäuble mit ihrem Vorstoß stützen können: „Soziale Leistungen werden eingeschränkt, Abschiebungen erleichtert und die Liste sicherer Herkunftsländer erweitert“, kritisiert DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Bei den beschlossenen „Registrierzentren“ geht es darum, Abschiebung um jeden Preis zu ermöglichen.

Doch gleichzeitig steht Merkel unter dem Druck, ihr Ansehen in der Bevölkerung zu wahren, die Grenzen für die Flüchtlinge geöffnet zu haben.

„Kontrollverlust“, bescheinigen über die Hälfte der Bundesbürger der Regierung. Schon jetzt ist Merkel politisch beschädigt durch das Chaos in Ländern und Kommunen, das die Große Koalition mit der Verweigerung der Finanzierung von mehr Personal und Wohnungen organisiert.

„Die Grenzen dicht zu machen“, wie das Seehofer seit Monaten ultimativ fordert, dazu ist heute keine deutsche Regierung in der Lage, weil an die Zäune Soldaten und Waffen geschickt werden müssten, um die Flüchtlinge mit Gewalt zurückzuschlagen. „Wir können die Grenzen nicht schließen“, entgegnet Merkel. denn angesichts von 100.000en zurückgeschickten Flüchtlingen drohen auf dem Balkan „militärische Auseinandersetzungen“. Merkel weiß, dass eine Kehrtwende zu einer solchen Politik ihren politischen Tod provozieren würde.

Diese Politik des Chaos schürt die Fremdenfeindlichkeit, gibt der AfD Auftrieb und schafft den Nährboden für die rechtsextremen Rattenfänger.

Politiker wie Bundespräsident Gauck, die davon sprechen, dass angesichts der angespannten Haushaltslage bei den Kommunen „unpopuläre Entscheidungen“ und „unbequeme Schritte“ notwendig werden, die die einheimische Bevölkerung treffen, wie z.B. der unvermeidliche Wettbewerb um bezahlbare Wohnraum, um Plätze in Kitas und Schulen  und immer wieder um mehr Personal – sind verantwortlich für die Förderung der Entgegensetzung und legen sozialen und politischen Sprengstoff.

„Schäuble kann nicht einfach so weiter machen wie bisher“, erklärt Robert Feiger, IG BAU Vorsitzender: „Eine Schuldenbremse passt überhaupt nicht mehr in die Zeit“. Und A. Buntenbach (DGB) fordert, dass der Bund von der „schwarzen Null“ abrücken soll.

Schon während des SuE – Streiks erklärte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, dass die Kommunen den Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften „schon wegen der großen Flüchtlingsbelastung keine Zugeständnisse machen“ würden.

Im Vorfeld des Tarifkampfes des öffentlichen Dienstes 2016 (Bund und Kommunen) pokern die Arbeitgeber wieder mit dem Argument der Flüchtlingskosten. Da bleibt kaum Spielraum für Lohnforderungen.

Und die leeren Kassen würden noch mehr Einsparungen an Personal durch Tarifflucht und Prekarisierung erzwingen. Das erinnert an den Tarifkampf 2014, als es die Forderungen nach mehr Personalstellen war, nach erträglichen Arbeitsbedingungen und Aufhebung der Befristungen, die viele der KollegInnen in den Streik getrieben haben.

Auch im bevorstehenden Tarifkampf wird hinter den berechtigten Lohnforderungen vor allem auch der Kampfwillen für mehr Personal stehen, um nach dem jahrelangen Abbau der sozialen Leistungen die öffentliche Daseinsvorsorge für alle, für die einheimische arbeitende Bevölkerung und Jugend wie die Flüchtlinge, gewährleisten zu können.

„Wir wollen dazu beitragen, dass diejenigen, die kommen und diejenigen, die hier sind, nicht gegeneinander ausgespielt werden…“, Wolfgang Pieper, Ver.di Bundesvorstand.

„Um Fremdenhass und einem Gegeneinander-Ausspielen von Flüchtlingen und heimischer Bevölkerung zu begegnen, muss für ausreichend Personal in der Verwaltung und in den Bezirksämtern gesorgt werden und es müssen ausreichend LehrerInnen, Kita-ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen, SprachdozentInnen, ÄrztInnen und Pflegepersonal eingestellt werden,“ heißt es in der „Berliner Erklärung, die 150 politisch und gewerkschaftlich engagierte KollegInnen, prekär Beschäftigte und verantwortliche Gewerkschafter auf ihrer Versammlung am 5. November verabschiedet haben. (s. S. 4 – 6 in dieser Ausgabe).

In diesem Sinne haben die im Kampf für tarifvertraglich geschützte Arbeitsplätze für alle stehenden Kollegen als eine der nächsten konkreten Aktionen beschlossen, dafür einzutreten, „dass ver.di, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Ämtern, Schulen, Krankenhäusern usw. eine Demonstration/Kundgebung organisiert gegen die Kaputtsparpolitik, für das Recht für alle auf Öffentliche Daseinsvorsorge, vollständig finanziert aus dem öffentlichen Haushalt.“ Die anwesenden KollegInnen aus der GEW werden in ihrer Gewerkschaft dafür eingreifen, dass sie sich an der Aktion beteiligt. In diese Aktivität sollen, wenn es möglich ist, Vertreter/Sprecher der Flüchtlinge integriert werden.

Carla Boulboullé, Berlin 12.November 2015

 

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