Unter der politischen Revolte….
Der massive Griff im Wesentlichen der Wahlverweigerer nach der AfD hat den Charakter einer politischen Revolte gegen das politische System der „etablierten“ Agenda-Parteien, besonders gegen deren Hauptparteien in der Großen Koalition.
Diese Revolte demontiert mit den beiden Landesregierungen zwei der verbliebenen Stützpunkte von Merkels Großer Koalition. Sie ruiniert restlos die politischen Bedingungen für ein „Weiter so“ der GroKo zur Fortsetzung ihrer Agenda-Angriffe auf die noch erhaltenen sozialen Errungenschaften der arbeitenden Bevölkerung und Jugend
Die AfD wird in Brandenburg (mit 23,5 %) und in Sachsen (mit 27,5%) zur jeweils zweitstärksten Kraft. In Brandenburg bleibt die SPD mit 26,2 % zwar noch stärkste Partei, fährt aber ihr schlechtestes Ergebnis im Land ein. Die CDU verbucht mit 15,6% der Stimmen ihr bisher schlechtestes Ergebnis. In Sachsen kann sich die CDU mit 32,1% (ebenfalls ihr bislang schlechtestes Ergebnis) als stärkste Partei behaupten, während die SPD auf dem historischen Tiefpunkt von 7,7% landet. (s. auch S. 4)
Die neuen Niederlagen der beiden Hauptparteien der Agenda in der GroKo sind Folge des stürmischen Aufschwungs der AfD.
…das Grollen der sozialen Revolte
Medien und die etablierten Parteien versuchen, das als „Rechtsruck“ zu dämonisieren, um von der Ablehnung ihrer Politik abzulenken und um an die „Einheit aller Demokraten gegen rechts“ mit ihnen zu appellieren. Doch tatsächlich drückt sich in den Wahlen die Wut der Menschen aus, die im Osten mit der Wende 1989 Opfer des Wütens der Agenda-Politik geworden sind.
Die AfD erzielt ihre höchsten Ergebnisse in Regionen, die ausgegrenzt wurden, d.h. in den entindustrialisierten Regionen, in denen die soziale Infrastruktur weitgehend marode ist; es fehlen Schulen, Krankenhäuser, überhaupt die ärztlich Versorgung, öffentliche Verkehrsmittel… . In einer Umfrage in Brandenburg meinten weit über die Hälfte der Befragten, dass sie zu Bürgern zweiter Klasse degradiert seien.
Nach der ersten Welle der Entindustrialisierung 1989, mit der massiven Liquidierung von Arbeitsplätzen, wurden die Länder des Ostens zum Experimentierfeld für die Schaffung eines breiten Billiglohnsektors und der Prekarisierung unter den Schlägen der Agenda-Politik.
In dem Brandenburger Braunkohlerevier, der Lausitz, wo die Arbeiter und ihre Familien sich – angesichts der drohenden Schließung der Werke – um die Arbeitsplätze und ihre Zukunft sorgen müssen, erreichte die AfD über 30 %. Im sächsischen Bautzen und Osterzgebirge, die bis heute schwer unter den Folgen der Entindustrialisierung und der damit verbundenen Zersetzung der sozialen Infrastruktur und hoher leiden Arbeitslosigkeit, erreichte die AfD zwischen 30 und 38 %.
In den Wahlergebnissen der SPD findet die Existenzkrise der SPD, die die Krise der GroKo konzentriert, eine weitere Zuspitzung. Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass die SPD in Brandenburg wieder zur stärksten Partei wurde – trotz ihres historisch schlechtesten Ergebnisses (!) (das gleiche Schicksal traf die CDU in Sachsen). Aus Sorge, eine Situation des Chaos und völliger Regierungsunfähigkeit zu provozieren, ist ein Teil der Wähler, vor allem bisheriger Nichtwähler, zurückgewichen und hat der jeweils führenden Regierungspartei, der SPD (in Brandenburg) bzw. der CDU (in Sachsen), trotz allem noch einmal ihre Stimme gegeben.
Diese Wahlergebnisse in Ostdeutschland bezeugen die politische und soziale Sprengladung, die sich in der gesamten Republik anhäuft. Sie nähren das Heranreifen der politischen und sozialen Revolte auch in den „abgehängten“ Regionen im Westen, besonders im Ruhrgebiet.
Die Ablehnung der Parteien der GroKo, wie aller „etablierten“ Parteien, die sich alle der Agenda-Politik verpflichtet haben (was sich auch in dem Absturz der Linkspartei manifestiert, die sich in beiden Ländern fast halbiert hat), verstärkt das Bild des Siechtums einer GroKo, die sich selbst überlebt hat.
Muss es erst noch zu weiteren politischen Revolten der Wähler kommen oder treibt ihre Krise die SPD bald aus der Großen Koalition? Das wird auf jeden Fall befördert durch zwei Kandidaturen für den SPD-Parteivorsitz. Die einen, Simone Lange/ Alexander Ahrens, vertreten das „sofortige Raus aus der GroKo“, die anderen, Dierk Hirschel/Hilde Mattheis, den „Bruch mit der Agenda“ und dafür Raus aus der GroKo!
Langjähriger Chefökonom des DGB und von ver.di kandidiert D. Hirschel betont als „sozialdemokratischer Gewerkschafter“, mit H. Mattheis (SPD/MdB und wie Hirschel Vorstandsmitglied der Linksgruppierung von Sozialdemokraten, DL 21).
Ihre Konzentration auf den „Bruch mit der Agenda-Politik“, sowie auf die Aufhebung ihres Instruments zur Umsetzung der Kaputtsparpolitik, der „Schuldenbremse“, birgt das Potenzial, in der SPD und darüber hinaus eine dynamische Auseinandersetzung und einen Diskussionsprozess über eine grundsätzliche politische Umorientierung anzustoßen.
So hat diese Kandidatur schon zu Differenzierungen in der AfA geführt. In der Sitzung des AfA-Bundesvorstandes am 30.8. wurde die Unterstützung der durch die Kandidaten Dierk Hirschel und Hilde Mattheis vertretenen „auf die Arbeitnehmerschaft bezogene Neuorientierung der SPD“ erreicht. (s. auch S. 6)
Kommunen und Beschäftigte der kommunalen Daseinsvorsorge können aufhorchen in Bezug auf die Forderung der notwendigen Entschuldung der Kommunen.
Millionen Beschäftigte und Gewerkschafter kann die Forderung interessieren, die Schuldenbremse zu durchbrechen durch Aufnahme von Krediten im Kampf für Auflösung des milliardenschweren Staus an öffentlichen Investitionen (allein für die Kommunen von 138 Mrd. Euro), für sofortige zusätzliche dreistellige Milliarden-Investitionen für die Beseitigung der sozialen Missstände wie Wohnungsnot, Pflegenotstand, Lehre*innenmangel, maroden Nahverkehr….
Der „Bruch mit der Agenda-Politik“ und die Formulierungen der Umsetzung kann größere Teile der Gewerkschafter und der Arbeiterschaft einladen, ihre konkreten Forderungen zu formulieren. Denn für sie kann sich damit die Perspektive für Maßnahmen gegen Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse und den Niedriglohnsektor, sowie die Zersetzung des Tarifvertragssystems öffnen.
Und sie können als Appell dafür aufgenommen werden, ihre Gewerkschaften für die Organisierung ihres Kampfes und Streik für solche Maßnahmen zu ergreifen, für gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen gegen die Tarifflucht jeglicher Form, für die Verteidigung und (Rück-) Eroberung der Flächentarifverträge.
Diese Kandidatur in der SPD für den „Bruch mit der Agenda-Politik“ und damit auch für das Raus mit der SPD aus der GroKo kann einen Impuls geben für die politischen und gewerkschaftlichen Aktivisten, die sich in den mit der „Sozialen Politik & Demokratie“ verbundenen politischen Arbeitskreisen treffen, um zu diskutieren, wie der gemeinsame politische Widerstand von engagierten Arbeitnehmern und Gewerkschaften gegen die Agenda-Politik organisiert werden kann, der sich zur Zeit in der politischen Losung konzentriert:
Schluss und Weg mit der GroKo!
Carla Boulboullé
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