Die weltweite Produktionskrise, die Entwicklung der Bedingungen für einen erneuten Zusammenbruch des Finanzsystems und der unaufhaltsame Vormarsch einer Weltwirtschaftskrise, die sich in Deutschland und in Europa in der Rezession Ausdruck verschafft, löst Panik aus unter den Entscheidungsträgern des Finanzkapitals und in der Politik.
Noch EZB-Präsident Draghi dreht, entgegen allen Mahnungen, weiter an der Schraube der Null- und Minuszinspolitik und öffnet die Schleusen für eine weitere monatliche 30-Milliarden-Flutung des Finanzmarktes. „Die Geldflut unterhöhlt die Grundpfeiler des Finanzmarktes“, warnt die FAZ. Draghi selbst weiß das, sieht aber keinen anderen Ausweg. So entwickelt sich eine gigantische Finanzblase und eine gefährliche durch Finanzakrobatik vorangetriebene Verschuldung der Unternehmer, die zu keinerlei produktiver Investition bereit sind.
Der vor allem von deutschen Bankern und Politikern geäußerten Kritik begegnet Draghi mit dem Hinweis auf deren Sparpolitik unter dem Diktat von Schuldenbremse und schwarzer Null, die entscheidend zur Förderung von Rezession und Krise beitrage. Deutschland ist das Land mit der niedrigsten Investitionsquote in Europa. Es schiebt einen ebenfalls gigantischen Investitionsstau von hunderten Milliarden bei Kommunen, Krankenhäusern und Schulen und der gesamten staatlichen Infrastruktur vor sich her und nährt damit eine soziale Sprengladung, die sich u.a. bei Wählern in der weiter wachsenden Ablehnung der Großen Koalition und in der politischen Revolte durch die AfD-Wahl bemerkbar macht.
SPD-Finanzminister Scholz versucht nach außen hin abzuwiegeln und spricht von einer vorübergehenden „konjunkturellen Delle“, um die aufbrechenden Forderungen nach sofortigen Milliarden staatlicher Investitionsmittel für mehr Personal und zum Abbau des Investitionsstaus in der sozialen und staatlichen Infrastruktur und den Institutionen des Sozialstaates abzuwehren. Er überlässt es weiterhin den SPD-Ministern Heil und Giffey, sowie Spahn (CDU) mit betrügerischen Korrekturen an der Agenda für ein Feigenblatt zu sorgen, um seine Kaputtsparpolitik in der Großen Koalition fortzusetzen.
Klimaschutzpolitik – Diktat des Kapitals
Aber zugleich mehren sich die panischen Rufe des Kapitals und seiner Verbände, wie auch von Politikern, nach (neuen) Milliarden-Subventionen im Namen von Forschung und Digitalisierung, vor allem für die Mobilitäts- und Energiewende und den Klimaschutz.
Unter Druck gesetzt ergreift Scholz den bevorstehenden „Klimagipfel“ als Gelegenheit zum „Kassensturz“, um die ersten Milliarden zu liefern: besonders für die Automobilindustrie u.a. zur Förderung der Elektromobilität, für die Energiewende…
Diese Rekordsubventionen soll keine Schuldenbremse „bremsen“. Die Kosten, die für den von der Großen Koalition präsentierten Klimapakt von Halbmaßnahmen aus dem Haushalt an das Kapital fließen, werden abgewälzt auf die Massen. Sie werden einen noch unabsehbaren Preis für die CO2 Emissionssenkung zahlen; sie zahlen für dieses gewaltige Umverteilungsprogramm zugunsten des Kapitals mit weiteren Kürzungen für sozialstaatliche Investitionen, die der Wahrung einer noch verschärften Schuldenbremse unterworfen bleiben.
Demonstration 20.9. …
Die Jugendbewegung Fridays for Future ruft am 20. September zu weltweiten Aktionen und Streiks auf, um die Regierungen zum Handeln für den Klimaschutz anzutreiben. Dieser Aufruf kann von einem grenzenlosen Bündnis heuchlerischer „Klimaschützer“ jeder Art unterstützt werden. Ein solcher Aufruf könnte noch eine ganz andere Wirksamkeit bei breitesten Schichten der Arbeitnehmer und Jugend erreichen, wenn er sich klar gegen die Politik des „Klimagipfels“ richten würde, die von den Anforderungen der Konzerne diktiert wird.
… Bsirske mahnt zur Respektierung des Streikverbots
Verdi-Chef Frank Bsirske hat die zwei Millionen Mitglieder von ver.di zur Beteiligung aufgerufen, aber ausdrücklich nicht zu einem gewerkschaftlich organisierten Streik. Er rechtfertigt das mit dem von den Gewerkschaftsführungen immer noch respektiertem Streikverbot gegen Regierungsmaßnahmen. Bsirskes Vorschlag an die Gewerkschaftskollegen, lediglich individuell am 20.9. zu protestieren, bedeutet letztlich auch, den Zerstörungsprozess des großen Flächentarifvertrags TVöD (öffentlicher Dienst und Dienstleistungen) infolge von Tarifflucht jeder Art durch Abschlüsse von Niedrigtarifverträgen auf regionaler und lokaler Ebene und durch Haustarifverträge kampflos zu begleiten.
Während sich die Gewerkschaftsführung allgemein auf den Appell beschränkt, dass die Kosten zur Finanzierung der „Klimawende“ „sozialgerecht“ umverteilt werden sollen, konzentriert sich der scheidende ver.di Vorsitzende Bsirske auf die Folgen der auch durch den Druck der Agenda-Politik verschärften Deregulierungen des Arbeitsmarktes: „Waren noch Anfang der 90er Jahre in Westdeutschland 80% der Beschäftigten durch Tarifverträge geschützt, sind es heute gerade einmal 59% und im Osten gar nur 46%“, wobei er kein Wort zur kampflosen Begleitung dieser Entwicklung durch die ver.di-Führung verliert. Er verbindet das mit der Forderung nach „Bindung öffentlicher Aufträge an die Tarifbindung“, das aber ist die Absage an die Verteidigung des gewerkschaftlich garantierten allgemeinverbindlichen Flächentarifvertrages.
Dagegen wächst der Widerstand der Kollegen, die im Kampf für die Verteidigung der und die (Re-)Integration in die Flächentarifverträge – TVöD für alle, sowie für mehr Personal… das Streikrecht erkämpfen. Sie wollen sich auf dem bevorstehenden ver.di Bundeskongress in diesem Sinne zu Wort melden.
In der SPD selbst wird aus der Basis, aber gerade auch von Kommunalpolitikern, immer drängender die Forderung erhoben nach einer „Entschuldung der Kommunen“, sowie nach einer staatlichen zusätzlichen Milliardenfinanzierung zur Sanierung und für mehr Personal in den Krankenhäusern und Schulen, für bezahlbare Wohnungen….
Das richtet sich gegen die fortgesetzte Agenda-Sparpolitik der GroKo, mit der Schluss gemacht werden muss, in dem sofort Schluss gemacht werden muss mit der GroKo. Die SPD-Führung hat es in der Hand!
Um die Erfahrungen in diesen Kämpfen auszutauschen und die Diskussion zu führen, wie wir für die Verteidigung und Wiederherstellung der Errungenschaften des Sozialstaates gemeinsam politisch handeln können, laden wir zur Diskussion in den politischen Arbeitskreisen ein, die mit der „Sozialen Politik & Demokratie“ verbunden sind.
Carla Boulboullé
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