Als Prestigeobjekt ihrer „sozial gerechten“ Politik hat Kanzlerin Merkel besonders das 130 Mrd. Euro Konjunkturpaket der Großen Koalitionsregierung gelobt.
Wen aber will sie darüber hinwegtäuschen, dass hinter den wenigen Brosamen, die für Sozialausgaben abfallen, das Kapital eine weitere Milliardenflutung verbuchen kann, während die arbeitende Bevölkerung und Jugend von neuen Krisenschlägen getroffen werden. (s. auch „Sozialen Politik & Demokratie“, 5. Juni)
Die Mehrwertsteuersenkung entlarvt sich immer offensichtlicher als ein weiterer 20 Mrd.-Bonus für die Unternehmer.
Die Chefs der Autoindustrie, die nach eigenen Angaben von BMW, Daimler und VW enorme Gewinne verzeichnen, zeigen sich zufrieden, auch wenn nicht alle ihre Anforderungen erfüllt seien.
5,5 Mrd. Euro fließen an die Bahn mit der Auflage, bei den Beschäftigten 2 Mrd. einzusparen.
Das 9 Mrd. schwere Rettungspaket für die Lufthansa, verbunden mit dem Abbau von 22000 Stellen und drastischen Lohnsenkungen für die Beschäftigten, dient nur der Sicherung der Aktionärs-Dividenden.
„Sozial gerecht“? Den Kommunen bleiben, bei einem auf 143 Mrd. angewachsenen Investitionsstau (KfW), ihre Altschulden erhalten. Der Deutsche Städtetag rechnet mit Einbußen allein durch die Folgen der Pandemie von 20 Milliarden Euro. 11,8 Mrd. (zur Hälfte von Bund und Länder übernommen) wurden ihnen mit dem „Kommunalen Solidarpakt“ versprochen und jetzt noch einmal 4 Mrd. für Mietkosten (!) das aber heißt, dass die Kommunen zur noch schlimmeren Fortsetzung der Kaputtsparpolitik gegen die Kommunen, Krankenhäuser, Schulen, ÖPNV… gezwungen werden.
„Sozial gerecht“? Der Kindergeldbonus von 300,- Euro kann kaum als „Trostpflaster“ beschönigt werden. Die Beschäftigten in den „systemrelevanten Berufen“ sollen mit einem Almosen-Bonus abgespeist werden, während ihnen grundlegend bessere Arbeitsbedingungen, Lohnerhöhungen und vielen selbst ein Tarifvertrag verweigert werden.
Es bleibt dabei: den meisten der ca. 8 Millionen Kurzarbeiter wird ein Drittel ihres Lohns geraubt. Sie werden in Verarmung und in Hartz IV gestürzt. Die IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) prognostiziert ein Anwachsen des jetzt schon auf über 2,6 Millionen angeschwollenen Arbeitslosenheers auf über 3 Millionen.
Für Erwerbslose und Billiglöhner ist nichts vorgesehen, auch keine Erhöhung des Mindestlohnes.
Die Widerstandsbewegung gegen dieses von den Spitzen der Großen Koalition heuchlerisch als „sozial gerecht“ präsentierte Konjunkturprogramm“ wächst.
6. Juni 2020: In mehr als 20 deutschen Städten demonstrierten Zehntausende
„Wir können nicht schweigen“ und „Keine Gerechtigkeit, kein Frieden“.
Aus Anlass der Ermordung des amerikanischen Schwarzen George Floyd kommt es weltweit zu spontanen Demonstrationen. Auch in Deutschland demonstrierten zig-Tausende gegen Rassismus und für Solidarität mit den amerikanischen Schwarzen.
Sie haben sich damit aber auch gegen die staatliche Unterdrückung demokratischer Rechte in Deutschland erhoben und mit enormer Entschlossenheit die Einschränkungen der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheiten durchbrochen. Während die Regierung der Großen Koalition einerseits willkürlich Notverordnungen gegen die demokratischen Grundrechte, sowie auch gegen das Arbeitsrecht erlässt, und immer mehr in Arbeitslosigkeit und Armut gestürzt werden, unterdrückt sie gleichzeitig jegliche Möglichkeit des kollektiven organisierten Widerstandes. Sie kann sich dabei auf die DGB-Führung verlassen, die bis zum Ende des Jahres auf Streiks verzichtet. „Immer mehr Menschen wollen aktiv gegen die herrschende Ungerechtigkeit vorgehen“, so ein Kommentar. In Düsseldorf verharrten die Demonstranten vor dem DGB-Haus für acht Minuten und 46 Sekunden in Schweigen. So lange hatte am 25. Mai ein Polizist sein Knie auf den Hals des Afroamerikaners gedrückt, der danach starb.
In Berlin versammelten sich 15.000 Menschen, in München 25.000, in Hamburg 14.000, in Düsseldorf mehr als 25.000 aus ganz NRW, in Frankfurt/Main 8.000. usw.
Sonntag, 14.Juni: Aufruf des Bündnisses „Unteilbar“ zur Großdemonstration in Berlin .
20.000 nahmen teil. Die Gewerkschaften schlossen sich formell an. Der Aufruf richtete sich gegen das von der Regierung angeordnete Verbot von Großversammlungen und Kundgebungen.
Zu Beginn der Demonstrationen hatte die Polizei noch als „Ordnungsmacht“ eingegriffen und wiederholt versucht, sie gewaltsam aufzulösen. Inzwischen aber weicht die Staatsgewalt zurück, die gar nicht in der Lage ist, diese Massenkundgebungen zu unterdrücken. Der Einsatz der Polizei reduziert sich auf ihre Begleitung, mit der politischen Auflage, jeden gewaltsamen Zusammenstoß zu vermeiden.
Es war eine Demonstration der Anklage gegen die wachsenden sozialen Ungerechtigkeiten, die schon vor der Corona-Pandemie da waren, und sich jetzt noch verschärfen. Verurteilt wurde die Abfertigung des Krankenhaus- und Pflegepersonals, wie der Beschäftigten im Einzelhandel, mit einem einmaligen Bonus.
Für die Beschäftigten in den Krankenhäusern erklärte Silvia Habekost vom ver.di-Bezirksfachbereichsvorstand es würden milliardenschwere Konjunkturpakete geschnürt, aber in diesen Zeiten der Pandemie wird Kurzarbeit in Krankenhäusern angeordnet, bei gleichzeitiger Ausweitung der Maximal-Arbeitszeit um zwei Stunden. Die Schutzmittel seien weiterhin skandalös unzureichend.
Am 20.Juni rufen die Studenten, die schon Anfang Juni in 13 Städten demonstriert und auf ihre bittere soziale Notlage hingewiesen haben, zu einer großen Demo in Berlin auf. „Vielen fehlt das Geld zum Leben“ etwa 40 Prozent haben wegen der Coronakrise ihren Job verloren.
Schüler, Eltern und Lehrer protestieren gegen die untragbaren Bedingungen, unter denen die Schüler in die Schule zurückgeschickt werden, ohne Normalunterricht bei fehlenden Lehrern und Klassenräumen, bei oft völlig unzureichenden Hygienemaßnahmen…
Am 17. Juni haben 400 Krankenhausbeschäftigte mit verdi vor dem Gesundheitssenat in Berlin demonstriert. Wiederholt sind sie für die Forderung nach Lohnerhöhungen, mehr Personal, Verkürzung der Arbeitszeit, Rückführung der ausgegliederten Töchter und TVöD für alle auf die Straße gegangen oder in den Streik getreten..
Am 19. Juni haben die Beschäftigten an den Flughäfen mit ver.di zu einem bundesweiten Aktionstag aufgerufen: für den Erhalt aller Arbeitsplätze und Rücknahme der Deregulierung und Privatisierungen. 1000e Beschäftigte haben gewaltige finanzielle Einbußen, vielen droht der Verlust des Arbeitsplatzes oder schlechtere Arbeitsbedingungen, während die Unternehmen Staatshilfen einstreichen. Fast alle privaten Dienstleister haben eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes verweigert.
Diese Beispiele sind Zeugnisse dafür, dass sich in der arbeitenden Bevölkerung und Jugend der Widerstand zu organisieren beginnt, dass sie ihre Empörung und Forderungen formulieren, und dass sie – gegen die Verweigerungshaltung der Gewerkschaftsführungen – für ihren Kampf zunehmend nach ihren Gewerkschaften greifen. c.b.
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