Der Krieg in der Ukraine hat weltweit politische und wirtschaftliche Folgen. Hinter dem militärischen Krieg tobt ein Wirtschaftskrieg zwischen den imperialistischen Ländern, vorangetrieben von der US-Regierung, der die Industrie und Wirtschaft in Europa besonders in Deutschland trifft. Biden verspricht mit dem „Inflation-Reduction-Act“ milliardenschwere staatliche Subventionen für alle Industrieunter-nehmen, die ihre Produktion aus Europa raus und in die USA verlagern. Davon und von den wesentlich preiswerteren Energiekosten profitieren wollen z.B. deutsche Chemie- und Pharmafirmen, wie die BASF.
Das neueste Beispiel liefert VW, das sich mit knapp 1,3 Milliarden Dollar in den USA den Bau einer Fabrik für Elektroautos subventionieren lässt. In Folge dieser Deindustrialisierung Deutschlands, begleitet von einer Welle von Schließungen, Stilllegungen, Verlagerungen, sank die Industrieproduktion 2022 in der Geschichte der BRD erstmals unter 20 % des BIP.
Eine ganze Schicht von Industriearbeitern stürzt in Arbeitslosigkeit, in Armuts- und Niedriglohn, Millionen sind vom sozialen Absturz bedroht – und das im stärksten imperialistischen Land Europas.
Die Bevölkerung bezahlt die Inflation (heute bei fast 9 %), die durch den Krieg und die Sanktionspolitik gegen Russland noch gefördert wird, mit einem Reallohnverlust von über 4 %.
Eine Gegenbewegung beginnt sich herauszubilden
Mit der Versammlung von 50.000 auf der Kundgebung „Aufstand für Frieden“ am Brandenburger Tor am 25.2., initiiert von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer, eröffnet sich eine neue Situation.
Die 50.000 und die über 760.00 Unterschriften für das „Manifest für Frieden“ sind Ausdruck einer anschwellenden Gegenbewegung gegen die Regierung Scholz; sie sind Ausdruck der tiefen und wütenden Ablehnung der Kriegs- und Sanktionspolitik durch die gesellschaftliche Mehrheit.
Diese Erhebung aber ist gleichzeitig geprägt von der Erfahrung der sozialen Bedrohung, gegen die schon im letzten Herbst 100.000e auf die Straße gegangen sind – besonders die von der 2. Welle der Deindustrialisierung in Ostdeutschland (nach 1991-93) betroffene Bevölkerung.
Sie bezahlen die Kosten dieser Kriegs- und Sanktionspolitik: mit Reallohnverlust und Verarmung; verschärfter Kaputtsparpolitik, gegen Krankenhäuser, Bildung und Kommunen…
In einer mächtigen Streikwelle, die ganz Deutschland erfasst hat, erheben sich die Beschäftigten im Tarifkampf im öffentlichen Dienst Bund und Kommunen gegen den von der Regierung entfesselten sozialen Krieg für die Verteidigung ihres Reallohns. ver.di gewann 70.000 neue Mitglieder, besonders Jugendliche, so viel wie seit 40 Jahren nicht.
Für den 27. März rufen ver.di und EVG zu einem gemeinsamen Groß-Streik auf, der die gesamte Verkehrsinfrastruktur lahmlegen soll: ÖPNV, Zugverkehr, Flughäfen, Häfen, bis hin zu Autobahnen (Sperrung der Tunnel).
Der Mehrheitswille der Bevölkerung erhält eine Stimme
„Wir sind hier, weil wir uns von der deutschen Regierung nicht vertreten fühlen“ (Sahra Wagenknecht am 25.2.).
Millionen fühlen sich aber vertreten durch Sahra Wagenknecht, wenn sie in ihrer Rede im Bundestag am 8.9. erklärt: „In Deutschland bahnt sich eine soziale und wirtschaftliche Katastrophe an. Millionen Menschen haben Angst vor der Zukunft, vor explodierenden Lebenshaltungskosten, vor Horrorabrechnungen und immer mehr auch um ihren Arbeitsplatz. (…) Aber die Vorstellung, dass wir Putin dadurch bestrafen, dass wir Millionen Familien in Deutschland in die Armut stürzen und dass wir unsere Industrie zerstören (…) ja wie bescheuert ist das denn.“
Die Regierung Scholz – eine Regierung, die den Zusammenbruch organisiert
Die „Krankenhaus„reform“ der Ampel-Regierung und ihres Gesundheitsministers Lauterbach (SPD) schlägt eine „Schneise der Verwüstung“ in das Gesundheitssystem – zugunsten der Gier privater Investoren. Sie bedeutet für über 1.000 Krankenhäuser und für fast die Hälfte der Geburtsstationen das Aus („Eine Reform, die Leben kostet“).
„Kinder- und Jugendarmut“ auf Rekordhoch“, fast 3 Millionen Kinder und Jugendliche leben in Armut. Doch im Haushalt der Ampel-Regierung und ihres Finanzministers Lindner (FDP) ist kein Cent für die Bekämpfung der Kinderarmut vorgesehen.
Kein Geld für Schulen: Der dramatische Lehrermangel soll, so der Bildungsgipfel der Ministerin für Bildung, Stark-Watzinger (FDP), „überwunden“ werden durch Mehrarbeit der Lehrer, Kürzung der Stundenzahl (z.B. Montags nur 2 Stunden), Vergrößerung der Klassen, mehr Quereinsteiger…
Mehr als eine halbe Million junger Erwachsener zwischen 20 und 34 Jahren geht weder einer Arbeit noch einer schulischen oder beruflichen Ausbildung nach. Fast 50.000 Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss. Die Kitas stehen vor dem Kollaps.
Den Postlern diktiert die Regierung Reallohnverlust. Als Hauptaktionär der Post AG erzwingt die Regierung Scholz für die 160.000 Tarifbeschäftigten bei der Post ein Ergebnis, dass meilenweit weg ist von einem Ausgleich für die Verteuerungen von Lebensmitteln, Energie, Mieten… Für viele der Beschäftigten, deren Lohn sehr unterdurchschnittlich ist, und für die vielen im befristeten Arbeitsverhältnis, bedeutet es den Fall und das Verbleiben im Armutslohnbereich.
Heuchelei beim Flüchtlingsgipfel: Die Ampel-Regierung und ihre Innenministerin Faeser (SPD) verweigert den Kommunen, von denen immer mehr ihre Kreditwürdigkeit verloren haben und die am Rande des Ruins stehen, die notwendige Finanzierung der Kosten für die Unterbringung, Versorgung, Schulen und Ausbildung… für die Flüchtlinge.
78 Milliarden für das Hochrüstungsprogramm
Nahezu unbegrenzt fließen die Milliarden für den Kriegshaushalt: 2024 sollen es etwa 78,9 Mrd. Euro sein – neben den 300 – 400 Mrd. Euro für das Sondervermögen für die Aufrüstung. Während Lindner für die Sozialausgaben Kürzungen nicht ausschließt, trägt er die Ausgaben für den Krieg vehement mit, denn „der Verteidigungsetat müsse auf Dauer an die veränderte Sicherheitslage angepasst werden“ (auf dem FDP-Dreikönigstreffen Anfang Januar). Nicht zu vergessen die 350 Milliarden Subventionen an die großen Konzerne, die für den Wirtschaftskrieg mit den USA zur Verfügung gestellt werden. Das alles führt zu einer Rekordneuverschuldung von knapp 540 Mrd. Euro.
„Die arbeitende Bevölkerung und Jugend hat keine politische Vertretung“
Am 25. 2., am Brandenburger Tor in Berlin, rief Sahra Wagenknecht den 50.000 Demonstranten zu: „Von jetzt an werden wir unsere Stimme so laut erheben, dass sie nicht mehr überhört werden kann“.
Auf der Veranstaltung am 4. März in Berlin, für die die Redaktion „Soziale Politik & Demokratie“ und der Politischen Arbeitskreis für unabhängige Arbeitnehmerpolitik die Initiative ergriffen hatten, trafen sich 150 Kräfte und Vertrer*innen von Gruppierungen des Kampfes gegen den Krieg, unter ihnen viele politisch engagierte Gewerkschafter*innen unter der Forderung: „Waffenstillstand sofort! Nein zum Krieg – Nein zum sozialen Krieg gegen das Volk!“.
Sie haben unter Respektierung ihrer unterschiedlichen Meinungen und politischen Herkunft solidarisch darüber diskutiert, wie der Widerstand gegen die kriegstreibende und sozialzerstörerische Politik der Regierung und der Kampf für den „Waffenstillstand sofort“ verstärkt werden kann.
Immer drängender stellt sich für die arbeitende Bevölkerung und Jugend die Frage nach einer politischen Vertretung, d.h. nach einer „authentischen Linkspartei“! Denn, wie Sevim Dagdelen auf der Veranstaltung erklärte: „Leider gibt es eine große Leerstelle in der Parteienlandschaft“.
Die Versammlung am 4. März wurde zum Ausdruck für die Suche nach einer politischen Organisierung und Zentralisierung des Kampfes gegen die kriegstreibende und sozialzerstörerische Politik der Regierung Scholz. Diese Politik ist eine Kriegserklärung der Regierung Scholz an die Arbeitnehmer*innen und Jugend.
„Wir als Gewerkschafter*innen sagen: Der Kampf gegen den Krieg und der Arbeitskampf für die Verteidigung unserer sozialen Grundlagen im Schatten der Kriegspolitik, für Reallohnsicherung und Sozialstaat – das ist ein Kampf!“ (Michael Altmann, Mitglied im ver.di-Bezirksvorstand Frankfurt/Main und Region, in seiner Rede am 4. März).
Es entwickelt sich eine Gegenbewegung gegen die kriegerische und sozialzerstörerische Politik der Regierung Scholz. Sie drängt nach ihrer Organisierung als Gegenmacht zur herrschenden Regierung.
Es muss dringend Schluss gemacht werden mit dieser Regierungspolitik und der Weg frei gekämpft werden für eine Politik und Regierung des Friedens und der Erfüllung der Forderungen des arbeitenden Volkes.
Carla Boulboullé, 23. März 2023
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