In ihren Neujahrsansprachen und -feiern beschworen die Herrschenden der Welt alle guten Hoffnungen und Wünsche für die Menschen. So wünscht Bundeskanzler Scholz, von sich selbst und seiner Regierungsbilanz überzeugt, allen Mitbürger*innen ein „friedvolles und ein frohes neues Jahr“ 2024.
„Doch die Verhältnisse, die sind nicht so“, muss mit Brecht gesagt werden.
„Denn Russlands Krieg im Osten unseres Kontinents ist ja nicht vorbei! Die kriegerische Auseinandersetzung im Nahen Osten auch nicht“, so Scholz selbst in seinen Neujahrsgrüßen. Scholz, der Selenskyj ständig weitere Milliardenhilfen für die militärische Aufrüstung zugesichert hat, erinnert dabei mit keinem Wort an die ukrainischen und russischen Soldaten, die täglich in diesem mörderischen Krieg sterben. Ebenso hat Scholz wiederholt dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu versichert, dass die Bundesregierung an der Seite Israels steht und es auch mit finanziellen und militärischer Ausrüstung unterstützt. Kein Wort zu den fast 29.000 Toten und Vermissten, darunter 9.100 Kinder, die der Bombenhagel der israelischen Angriffe bis Ende des Jahres 2023 gefordert hat; zu den rund 40% der 2,3 Millionen Einwohner Gazas, die vom Hungertod bedroht sind.
In seiner Neujahrsansprache scheut Scholz auch keine noch so offenkundige Lüge: So kanzelt er die „Experten“ ab, die einen „Wirtschaftseinbruch“ vorausgesagt haben; „Es ist anders gekommen, weil wir uns gegen den Wirtschaftseinbruch gestemmt haben.“ Und das heißt, so Scholz: sinkende Inflation, sicherer Wohlstand, noch nie hatten so viele in Deutschland eine Arbeitsstelle… (!)
„Doch die Verhältnisse, die sind nicht so“!
Im Rahmen der Verfallskrise des weltweiten kapitalistischen Systems erleben wir in Deutschland einen historischen Fall des Wirtschaftswachstums. Der IWF sieht Deutschland 2023 noch tiefer in der Rezession und warnt, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,5% schrumpfen wird. Deutschland wäre damit weiterhin der einzige G7-Staat, dessen Bruttoinlandsprodukt (BIP) sich negativ entwickelt. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet auch für das 2024 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um voraussichtlich um weitere 0,5%. Ein solches Minus beim Wirtschaftswachstum bedeutet aber auch weniger Einkommen und Entlassungen für die Bürger.
Dazu konkrete Beispiele, die für andere stehen:
VW (neben Toyota der größte Autokonzern der Welt) plant 10 Millionen Euro bis 2026 einzusparen. Die Gewinnmarge soll hingegen auf 6,5% steigen. Hauptsächlich bezahlen sollen das die Beschäftigten mit einer Senkung der Personalkosten um 20%.
Das ist der gemeinsame Beschluss von Unternehmensvertretern und Betriebsrat, dem wie üblich die Aufgabe zukommt, die Arbeitsplatzvernichtung „sozialverträglich zu gestalten“ und Widerstand der Beschäftigten zu verhindern.
Ähnliche Pläne wurden bei BASF, dem größten Chemiekonzern der Welt, gefasst und ebenso bei den großen Konzernen der dritten industriellen Säule, dem Maschinen- und Kraftwerksbau.
Die Produktion und die Investitionen in die Produktion schrumpfen. Arbeitsplatzvernichtung und Betriebsschließungen häufen sich, Profite und Rendite explodieren. Das ist das Bild der Krise für die Großkonzerne.
Handwerk, Kleinbetriebe bis hin zu Mittelstandsbetrieben erleben eine Welle von Insolvenzen, Pleiten und Schließungen. Für die Beschäftigten heißt diese Krise: Reallohnverlust, Zerstörung der Flächentarifverträge, Arbeitsplatzverlust und Fall in Armuts- und Niedriglöhne und soziale Nothilfe.
Das Schrumpfen der Industrie geschieht zugunsten von immer mehr Milliarden-Investitionen in die Rüstung- und Kriegswirtschaft. Der Haushalt für 2024, mit seinen 90 Milliarden schweren Rüstungsausgaben, treibt die Staatsverschuldung in Rekordhöhe.
Um diese Kosten abzuwälzen, zielen die Pläne von Finanzminister Lindner vor allem auf drastische Einsparungen bei den Sozialausgaben (drei Milliarden bei Sozialpolitik und Arbeitsmarkt) und der Zertrümmerung der sozialstaatlichen Errungenschaften.
Doch wider besseres Wissen erklärt Scholz in seiner Neujahrsrede: „Die Inflation ist gesunken, Löhne und Renten steigen“.
„Doch die Verhältnisse, die sind nicht so“!
Während in Folge der Kriegswirtschaft die Rüstungskonzerne und Dax-Betriebe Rekordgewinne verbuchen, wächst der Kaufkraftverlust und die Verarmung der Bevölkerung in Folge weiterer Preissteigerungen; trotz großer Kampfbereitschaft werden die Beschäftigten in den meisten Tarifabschlüssen mit weiterem Reallohnverlust abgespeist (von den Gewerkschaftsführungen jeweils schön gerechnet).
Wer bisher schon nicht mehr wusste, wie er ausreichend heizen kann, wird jetzt noch mehr frieren müssen
Der Investitionsstau in den Kommunen ist auf 166 Milliarden Euro gestiegen: Schulen sind marode, Lehrer und Erzieher fehlen, Straßen bröckeln… Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnt, „dass man ans Eingemachte“ gehen, d.h. bei Sozialleistungen, bei Kindern und Alten, kürzen müsse.
In Berlin hat sich die schwarz-rote Koalition auf eine Sparsumme von 3,8 Milliarden Euro geeinigt. Abgeordnete beklagen: Es bleibt nur die soziale Infrastruktur für das Kaputtsparen.
Gesundheitsminister Lauterbach setzt seinen „Masterplan Kliniksterben“ weiter um: 2023 wurden bundesweit 22 Krankenhäuser mit rund 5.400 Arbeitsplätzen geschlossen und weitere 100 stehen vor dem Aus. Deutschlands größtes kommunales Klinikum, Vivantes, will z.B. 25% seiner Betten abbauen.
Scholz und seine Minister, die die Mittel für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe drastisch gekürzt haben, vergießen jetzt Krokodilstränen vor den verzweifelten Menschen, die durch die Überflutungen ihre Existenzgrundlagen verlieren.
Die Ablehnung der Scholz-Regierung auf Rekordhöhe
Nach letzten Umfragen trifft die Ablehnung besonders die SPD und FDP vor allem im Osten so stark, dass sie gar nicht mehr oder die SPD mit nur 7-8% in den Landtagen vertreten sein könnten. Die Regierung Scholz hat auch die Verantwortung dafür, dass die AfD die Wut der Mehrheit für sich profitabel ausschlachten kann. Die Bevölkerung hat keine politische Vertretung für ihre Forderungen. Die Hoffnung der arbeitenden Bevölkerung und Jugend konzentriert sich auf die Neue Partei um Sahra Wagenknecht.
Streikwelle in Deutschland-– Alle gegen die Regierung!
… kommentiert der Berliner Tagesspiegel vom 28.12.2023.
Die massive Streik- und Demonstrationswellen, die die Tarifrunden 2023 geprägt haben, werden sich 2024 fortsetzen:
30.000 Postbotinnen und Postboten folgten dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di und demonstrierten am 9.10. in Berlin am Brandenburger Tor gegen die Novellierung des Postgesetzes – für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und bessere Arbeitsbedingungen.
Bei den Lokführern stimmten 97% der befragten 10.000 Mitglieder für einen unbefristeten Streik.
Im Handel streiken und kämpfen rund zwölf Millionen Beschäftigte seit Monaten entschlossen für inflationssichere Tarifverträge. Sie werden die Streiks im Januar fortsetzen.
Auch in der Druckindustrie und im Bauhauptgewerbe stehen in diesem Frühjahr die Zeichen auf Streik.
Mehrere Millionen Bürger haben sich in den letzten Jahren für den Erhalt der von Schließungen bedrohten Krankenhäuser mobilisiert.
Der Deutsche Bauernverband hat ab dem 8. Januar zu einer Aktionswoche gegen die Sparpläne der Scholz-Regierung aufgerufen, die am 15. Januar mit einer Großdemonstration in Berlin zentralisiert werden soll.
In Berlin kämpfen Kolleg*innen der großen Kliniken Charité und Vivantes weiter für TVöD für alle Beschäftigten, für die Rückführung der Tochtergesellschaften in die Muttergesellschaft, was der Senat verweigert.
Die Erfahrung zeigt in allen diesen Streiks und Kämpfen, dass der Widerstand gegen die Abwälzung der Kosten von Krieg und Krise auf die arbeitende Bevölkerung und Jugend keine politische Vertretung hat.
Die Fragen, die dieses Fehlen der politischen Vertretung aufwirft, diskutieren Aktiven in den Politischen Arbeitskreisen, die mit der „Sozialen Politik & Demokratie“ verbunden sind, und gemeinsam mit den Kräften in den Strömungen von Was tun?, Aufstehen, des BSW.
Im Zentrum steht dabei die Frage nach dem Aufbau einer Neuen Partei, welche für die Forderungen der arbeitenden Bevölkerung und Jugend gegen die Regierung Scholz und ihre Politik kämpft.
Wie können die Widerstandskämpfe gegen die kriegstreibende, sozialzerstörerische und demokratiefeindliche Regierung Scholz und ihre Politik zentralisiert werden?
Schickt Eure Beiträge zu dieser Diskussion an die Redaktionsadresse der „Sozialen Politik & Demokratie“.
Carla Boulboullé, 5. Januar 2024
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