„Nicht erst wenn der Krieg 1.000 Soldaten pro Tag tötet, wenn die Freiheiten durch Zensur und Kriegsrecht unterdrückt werden, kann man den Krieg bekämpfen, sondern vorher, wenn man sich noch organisieren und demonstrieren kann.“
„DIESES MAL MÜSSEN SIE VORHER GESTOPPT WERDEN!“
- heißt es in dem Aufruf des Treffens des Europäischen Verbindungskomitees Gegen den Krieg, gegen den sozialen Krieg (EVK), an der Delegierte aus 16 europäischen Ländern teilgenommen haben.
Ziel ist es, die Kräfte in Opposition gegen die europäischen Regierungen zu verbinden und zu stärken,
- in einer Situation, in der die Regierungen den Krieg in der Ukraine immer weiter eskalieren und Abermilliarden für Waffenlieferungen aufbringen;
- in einer Situation, in der sie sich mit ihrer Unterstützung der Regierung Netanjahus zu Komplizen des Völkermords an den Palästinensern machen;
- in einer Situation, in der sie die Kosten für Aufrüstung und Krieg über brutale Kaputtspardiktate gegen Schulen, Krankenhäuser, die soziale Infrastruktur, Kommunen auf die Bevölkerung abwälzen;
- in einer Situation, in der die Regierungen mit Polizeigewalt und Unterdrückung jeden Widerstand gegen diese Politik, ersticken wollen.
Sie sind verantwortlich für Kriege und Massaker
Noch mehr Waffen für die Ukraine, verspricht Bundeskanzler Scholz auf dem Treffen mit den Regierungschefs der nordischen Länder am 13. Mai. Kriegsminister Pistorius (SPD) fordert die Aufstockung des Rüstungshaushalts auf 58,5 Mrd. Dauerhaft soll jährlich für die Kriegsaufrüstung 2% plus des BIP aufgebracht werden, das sind ca. 90 Mrd. Euro.
Mit der Lieferung der starken ATACMS-Raketen der USA an die Ukraine und dem Vorstoß, Teile des Luftraums über der Ukraine vom NATO-Territorium aus durch westliche Flugabwehr zu schützen, wird die NATO und damit Deutschland weiter in einen direkten Krieg mit Russland getrieben.
Heuchlerisch warnt Scholz Netanjahu: „Wir halten eine Offensive auf Rafah (…) für unverantwortlich“. Gleichzeitig aber hält er an den dafür notwendigen Waffenlieferungen an Israel fest. Im Namen des Kampfes gegen den Antisemitismus potenziert die Regierung Scholz den Einsatz von Polizeigewalt, Verboten, Verhaftungen gegen alle Aktionen für die Verteidigung des palästinensischen Volkes, und besonders gegen die aktuelle Speerspitze dieses Widerstands, die Studenten und viele Lehrende an den Universitäten.
Sie verschärfen den sozialen Krieg gegen das Volk
Sozialausgaben einfrieren, um mehr Geld für die Bundeswehr zu haben, das ist der Vorschlag von Finanzminister Lindner (FDP). So gibt er sich offen für die neue Forderung von Pistorius, aus dem laufenden Haushalt 2024 zusätzlich 3,8 Mrd. Euro für die Ukraine aufzubringen.
Die gesellschaftliche Mehrheit soll für ihre Kriege zahlen: mit Kürzungen bei der Rente, beim Bürgergeld. Kein Geld für Schulen, Kitas, für die Erhöhung des Mindestlohns, Kahlschlag gegen das Gesundheitswesen durch die Lauterbach-Reform, Reallohnverlust…
„Jetzt ist erstmal Schwitzen angesagt“, mit diesen Worten stellt sich Scholz hinter den Sozialabbruch-Plan von Lindner. Wobei er dennoch betrügerisch sein „Lippenbekenntnis“ wiederholt: Der Sozialstaat werde nicht unter höheren Verteidigungsausgaben leiden.
In dieser und früheren Ausgaben unserer Zeitung haben wir Beispiele für die Umstellung auf die Kriegswirtschaft und die Militarisierung der Gesellschaft aufgezeigt. Dazu gehört u.a. der Beschluss auf dem diesjährigen Bankentag, sich in Zukunft auf die Finanzierung von Waffen zu fokussieren.
Die Parteien der Ampel-Regierung wissen, dass die gesellschaftliche Mehrheit ihre kriegstreibende und sozialzerstörerische Politik ablehnt. Über die Verordnung einer „wehrhaften Demokratie“ machen sie den Weg frei in einen Staatsautoritarismus! Wir dokumentieren in dieser Ausgabe der Sozialen Politik & Demokratie beispielhaft Angriffe der Regierung und ihrer staatlichen Machtinstrumente auf die Freiheitsrechte, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlung und Demonstration.
Rolle der Gewerkschaften
Die DGB-Führungen stehen entschieden an der Seite der Regierung Scholz und ihrer Kriegspolitik: mit ihrem Ja zu den Milliarden für Krieg und Aufrüstung, sowie zu den Verboten und der Unterdrückung von Demonstrationen gegen Israels Genozid-Krieg gegen das palästinensische Volk.
Sie unterstützen die Sanktionen gegen Russland, die von der arbeitende Bevölkerung mit Arbeitsplatzverlusten und Verteuerung bezahlt werden müssen.
In den Tarifkämpfen machen viele Kolleg*innen die Erfahrung, dass ihre Gewerkschaftsführungen ihren Kampf für die Verteidigung und Erhöhung des Reallohns blockieren. Diese „begleiten“ das von Lauterbach diktierte Krankenhaussterben und versuchen den Widerstand der Beschäftigten dagegen zu verhindern.
Nicht in unserem Namen
Aber in den Gewerkschaften wächst der Widerstand gegen die Begleitung der arbeiterfeindlichen Regierungspolitik. Viele Kolleg*innen haben sich Aufrufen gegen den Krieg – gegen den sozialen Krieg angeschlossen. Sie fordern „Sofort Waffenstillstand in der Ukraine wie in Gaza. Stopp weiterer Waffenlieferungen!“
Verantwortliche Gewerkschafter fordern von der DGB-Führung, ihre Stimme gegen den Völkermord in Gaza zu erheben. Und die Studenten lassen sich nicht durch die angedrohten Repressionen einschüchtern.
Die Jugend verweigert sich der Bundeswehr. Nur etwa 18% sind bereit, für Deutschland in den Krieg zu ziehen. Die Zahl der aktiven Soldaten stagniert, bzw. sinkt leicht. Die Aussetzung der Wehrpflicht war „ein Fehler”, stellt Kriegsminister Pistorius fest.
Die Ablehnung von Krieg und Völkermord findet im Bundestag eine Stimme in der Partei um Sahra Wagenknecht mit dem Nein zu Waffenlieferungen an die Ukraine; und dem neuen Antrag: Keine Waffen für den Krieg in Gaza – Rüstungsexporte an Israel stoppen!
In einem über ein Jahr dauernden Tarifkampf und einer historischen Streikwelle kämpften die Kolleg*innen im Handel für die Verteidigung ihres Reallohns. Die Bauarbeiter treten mit ihrer Gewerkschaft IG BAU in den ersten bundesweiten Streik seit 17 Jahren – als Antwort auf massiven Reallohnverlust. Die Kolleg*innen in der Chemie-Industrie wollen in der Tarifrunde 2024 die Verteidigung der Reallöhne durchsetzen.
Der Widerstand gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung nimmt trotz aller Unterdrückungsmaßnahmen zu. Der Kampf gegen den Krieg in der Ukraine verbindet sich mehr und mehr mit dem Kampf gegen den Völkermord in Gaza, sowie mit dem Kampf gegen den sozialen Krieg der Regierenden gegen die Völker. Und er verbindet sich mit dem Widerstand gegen den Angriff auf die demokratischen Rechte und Freiheiten im eigenen Land. Das ist nicht nur die Erfahrung in Deutschland.
Auf dem Treffen von Vertretern des Europäischen Verbindungskomitees in Paris am 4.Mai wurde übereinstimmend festgehalten: „Die Mobilisierung der Völker kann die mörderische Eskalation, in die sie uns hineinziehen wollen, blockieren und die Waffenlieferungen stoppen.“
Bei allen unterschiedlichen Erfahrungen und Positionen verbindet die Aktivisten aus 16 Ländern der gemeinsame Wille, sich „grenzüberschreitend zusammenschließen (…) für die internationale Einheit der Arbeiter und Jugendlichen, um einen Waffenstillstand und die Umwidmung des Militärhaushalts für die Grundbedürfnisse der Bevölkerung, für Schulen, Krankenhäuser, Löhne und Renten, durchzusetzen“ (aus dem Aufruf). In allen europäischen Ländern wird der Aufruf zur Diskussion gestellt und werden Unterschriften zur Unterstützung gesammelt.
In einem nächsten Schritt sollen über Treffen in Oslo im Juni und im Juli in Belgrad die Verbindungen für diesen Kampf ausgebaut und gefestigt werden. Die Redaktion der „Sozialen Politik & Demokratie“ ruft ihre Leser*innen auf, unterzeichnet den Aufruf vom 4. Mai und unterstützt über Spenden die Aktivitäten des Europäischen Verbindungskomitees.
Carla Boulboullé, 23. Mai 2024
(erschienen in “Soziale Politik & Demokratie” Nr. 507 vom 24. Mai 2024)
Der Aufruf und der Spendenaufruf sind zu beziehen über die Redaktion.
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